Büro von Harald Sievers

Logo - Harald SieversHarald Sievers .
Steuerberater .
Matthias-Claudius-Straße 9 .
D-24589 Nortorf .

in Kooperation mit a
Rechtsanwältin Annette Sieckmann a
Ebert Rechtsanwaltsgesellschaft mbH a
www.recht-trifft-steuern.de a

Aktuelle Steuernews

Hier stellen wir Ihnen aktuelle Steuer Änderungen vor. Stets aktuell und kompetent. Sehen Sie bitte regelmäßig vorbei, damit Sie auf dem Laufenden bleiben.

Umsatzsteuer - Juli 2021

  • § 2 UStG - Hundezucht als unternehmerische Betätigung

    Eine Hundezucht kann eine unternehmerische Tätigkeit mit den entsprechenden steuerlichen Folgen darstellen.
    Das hat das Finanzgericht Münster aktuell entschieden.

    Auch mögliche Verluste aus der Zucht schützen nicht vor dieser Auffassung.

    Im Folgenden haben wir für Sie die Voraussetzungen, unter denen eine Hundezüchterin zur umsatzsteuerpflichtigen Unter-nehmerin wird, zusammengefasst.

    Um welchen Sachverhalt ging es?
    Die Hobbyzüchterin züchtet in ihrem Privathaus Hunde einer bestimmten Rasse, die sie unter anderem auf ihrer Homepage zum Verkauf anbietet.

    Sie ist Mitglied des Verbands Deutscher Hundezüchter, der unter dem Deutschen Dachverband des Hundewesens organi-siert ist.

    Hierdurch hat die Züchterin gewisse Regularien für die Zucht zu beachten, während nicht in diesem Verband organisierte Züch-ter deutlich weniger strengen Regeln unterworfen sind.

    Da die Hundehalterin in den Streitjahren durch die Welpenver-käufe Erlöse oberhalb der Kleinunternehmergrenze erzielte, setzte das Finanzamt hierauf Umsatzsteuer fest.

    Dagegen wandte die Steuerpflichtige ein, dass die Hundezucht ertragsteuerlich Liebhaberei darstelle.

    Aufgrund der strengen Regularien des Verbands entstünden derart hohe Kosten, dass eine wirtschaftliche Betätigung als Züchterin nicht möglich sei.

    Sie trete gerade nicht wie eine Händlerin auf, sondern gehe lediglich ihren persönlichen Neigungen nach.

    So lebten die Hunde nicht in einem Zwinger, sondern im Privathaushalt der Familie.

    Zudem verbringe sie die Nächte nach einem Wurf zusammen mit der Hündin, um das Überleben sämtlicher Welpen sicher-zustellen.

    Sie suche auch jeden Käufer für etwaige Welpen nach ihrem persönlichen Eindruck aus und lege hierbei Wert auf dessen Qualifikation.

    Und wie hat das Finanzgericht entschieden?
    Die Klage hatte keinen Erfolg.
    Das Finanzgericht behandelte die Züchterin als Unternehmerin und unterwarf ihre Umsätze aus der Hundezucht der Umsatz-steuer.

    Nach Auffassung des Gerichts hat die Steuerpflichtige mit der Hundezucht eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, die über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgeht.

    Sie hat ‒ auch wenn die Hundezucht ihr langjähriges Hobby und ein für sie wichtiger persönlicher Lebensinhalt war ‒ ähnlich wie ein Händler agiert und war deshalb unternehmerisch tätig.

    Dabei sind eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festge-legter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können:

    - Die Steuerpflichtige hat sich am allgemeinen Markt beteiligt, indem sie die Hunde(welpen) nicht sämtlich bei sich belassen oder unentgeltlich abgegeben hat, sondern diese vielmehr auch gegen Entgelt an Dritte abgegeben bzw. verkauft hat.

    Hierbei handelt es sich nicht um umsatzsteuerlich irrelevante Vorgänge in Form bloßer Verkäufe ihrer Hunde als Ausfluss des privaten Hobbys.
    Denn die Steuerpflichtige hat aktive Schritte zur „Vermarktung“ ihrer Hunde unternommen, indem sie sich ähnlicher Mittel wie ein Händler bedient hat.

    - Die Steuerpflichtige hat sich hinsichtlich des Verkaufs der Hunde(welpen) nicht nur auf Verkäufe über Mund-zu-Mund-Propaganda verlassen, sondern auch bei Händlern allgemein bewährte Vertriebsmaßnahmen ergriffen.

    Insbesondere hat sie ihre Hundezucht im Internet beworben und dort ihre zum Verkauf anstehenden Welpen angeboten und präsentiert.

    - Soweit die Steuerpflichtige den Hundekäufern mittels der auf ihrer Homepage eingestellten Fotos und Kommentare zu einzelnen Welpen ermöglicht hat, die von ihnen auserwählten Welpen bereits ab Wurf stetig begleiten zu können, obwohl diese die Welpen wegen der Regularien des VDH und FCI noch nicht gleich mit zu sich nehmen durften, hatte dies auch gleichzeitig einen werbenden Effekt.

    Potenzielle Käufer konnten und sollten über das Internet sogleich sehen, dass Hundewelpen bei der Steuerpflichtigen aus besten Händen kamen.

    Hierdurch konnte sich die Züchterin bei Kaufinteressierten, die sorgsam darauf bedacht waren, ihren Hund nur bei einem seriösen und guten Züchter zu kaufen, bessere Verkaufs-chancen und auch eine bessere Preisgestaltung ausrechnen.

    Dass die Steuerpflichtige das Internetmedium als allgemein bewährte Vertriebsmaßnahme zum Wecken von Kaufinteressen tatsächlich genutzt hat, zeigt sich auch darin, dass sie dort ihre persönliche Eignung und die Qualität ihrer Hundezucht darge-stellt hat.

    So hat sie auf ihrer Homepage mit ihrer Qualifikation geworben, nämlich mit ihrer Ausbildung und ihren Fortbildungen, ihren langjährigen praktischen Erfahrungen und den vielfältig ge-lesenen Fachbüchern.

    Wäre die Homepage nur eingerichtet und genutzt worden, um dem jeweiligen zukünftigen Welpenbesitzer das stetige Be-gleiten des heranwachsenden Hundes zu ermöglichen, hätte es dieser Werbung für die eigene Hundezucht nicht bedurft, weil die neuen Besitzer ja bereits überzeugt waren und den Welpen bereits reserviert oder gekauft hatten.

    - Die Steuerpflichtige ist auch planmäßig tätig geworden und hat hierbei aktive Schritte bis hin zum Verkauf vorgenommen.

    Das planmäßige Tätigwerden zeigt sich angefangen mit dem Einkauf geeigneter Hunde bzw. dem planmäßigen Decken der Hündinnen, um geplant regelmäßig neue Würfe zu haben.

    Schon bei der Planung der Würfe bestand die Absicht, die Welpen ‒ zumindest teilweise ‒ zu verkaufen.

    Hierzu kündigte die Züchterin die bei ihr anstehenden Würfe auf ihrer Internetseite an und machte damit schon zu diesem frühen Zeitpunkt auf in nächster Zeit zum Verkauf stehende Welpen aufmerksam.

    Sie stellte die neuen Würfe sodann auf der Internetseite ein und kümmerte sich im Weiteren um die Zuchtzulassung und die Ahnentafel der zum Verkauf anstehenden Welpen.

    Schließlich verkaufte sie die Tiere gegen Entgelt, und zwar zu Preisen, die für Zuchttiere regelmäßig gezahlt werden.

    - Die Vertragsabschlüsse mit umfangreichen Vertragsrege-lungen sind in der Gesamtschau ein weiteres Element eines Tätigwerdens wie ein Händler, auch wenn die Züchterin hierzu nach den Regularien verpflichtet war.

    Sie hat über den jeweiligen Hundeverkauf jeweils vierseitige Verträge in deutscher oder englischer Sprache verwendet.

    Zwar stehen schriftliche Vertragsabschlüsse einer nur privaten Vermögensverwaltung grundsätzlich nicht entgegen, doch ist der Einzelfall in der Gesamtschau zu betrachten.

    Vorliegend hat sich die Steuerpflichtige jedenfalls nicht auf einfache „Von-Haus-zu-Haus-Verkäufe“ beschränkt, sondern so-gar Rücktrittsrechte und Rücknahmepflichten geregelt.

    - Darüber hinaus ist für ein Auftreten wie ein Händler das Unterhalten eines Geschäftslokals neben der eigenen Wohnung nicht erforderlich.

    Es ist deshalb hier unbeachtlich, dass die Hunde im Privathaus-halt lebten und es keine Zwingeranlage gab.

    Auch der Umstand, dass die Züchterin die Nächte nach einem Wurf zusammen mit der Hündin verbrachte, um sicherzustellen, dass alle Welpen überleben, steht einem Agieren wie ein Händler im maßgebenden Sinne nicht entgegen.

    Letztlich dient die Sorge um die Hunde zudem auch ihrer Ver-kaufsfähigkeit.

    - Die Tätigkeit der Steuerpflichtigen war von einer bloßen „pri-vaten Vermögensverwaltung“ bzw. von einer bloßen „Ver-waltung“ des eigenen Hobbys auch deshalb abzugrenzen, weil sie die Hundezucht über viele Jahre ausweitete, sie aber selbst nicht alle Hunde hätte behalten können.

    Die Steuerpflichtige unterhielt eine intensive und vom Umfang her zunehmende Zucht und war mit ihr Tag und Nacht be-schäftigt.

    Sie kaufte Hunde ein und deckte Hündinnen ihrer Zucht plan-mäßig ‒ teils sogar unter Vornahme von Fahrten ins Ausland, sodass geplant regelmäßig neue Würfe erfolgten.

    Ohne Bedeutung sind nach Auffassung des Gerichts folgende Kriterien/Umstände:

    - Wie erfolgreich bzw. wie ertragreich das Handeln der Züch-terin in finanzieller Hinsicht war, ist für die Frage der Unter-nehmereigenschaft ‒ wie oben ausgeführt ‒ nicht entscheidend.

    Die Gewerbeanmeldung hat umsatzsteuerlich keine Bewandnis.

    - Dass die Steuerpflichtige nicht jeden potenziellen Erwerber als neuen Hundebesitzer akzeptierte, sondern entsprechend der Regularien, denen sie sich unterworfen hatte, sorgfältig darauf achtete, dass die Hunde in auserwählt „gute Hände“ gelangten, steht dem Vorliegen der Beteiligung am Markt wie ein Händler nicht entgegen.

    Voraussetzung für eine Tätigkeit wie ein Händler kann nicht sein, dass man als Händler mit jedem Geschäfte macht.

    Außerdem ist es die freie Entscheidung eines Händlers, mehr Herzblut und zeitlichen wie finanziellen Mehraufwand in das einzelne Geschäft zu stecken.

    Das Bedienen eines Hobbys schützt nicht vor der Qualifizierung als unternehmerisches Handeln.

    - Dementsprechend steht der Einordnung der Tätigkeit als unternehmerische in der Gesamtschau nicht entgegen, wenn die Steuerpflichtige hier lediglich ihren persönlichen Neigungen nachgegangen ist und mit den Hunden nicht wie ein „Hobby-züchter“ gehandelt hat, welcher erheblich geringere Kosten zu tragen habe.

    Außerdem kann die Steuerpflichtige als seriöse Züchterin meist andere Preise als ein „Hobbyzüchter“ verlangen.

    PRAXISTIPPS

    1. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG).

    Gewerblich oder beruflich ausgeübt werden kann nur eine nach-haltige Tätigkeit.
    Die Nachhaltigkeit wiederum ergibt sich aus dem „Gesamtbild der Verhältnisse“ und damit aus einer wertenden Beurteilung.

    Letztere wiederum birgt sowohl für den potenziellen Unter-nehmer als auch für seinen Berater erhebliche Gefahren, wie nicht zuletzt das Besprechungsurteil zeigt (AStW 6/2020, 455, Abruf-Nr. 46579286).

    2. „Nachhaltigkeit“ ist damit ein unbestimmter Rechtsbegriff.

    Während manche Betätigungen eindeutig nachhaltig oder ein-deutig nicht nachhaltig erfolgen, wird man sich über andere Betätigungen trefflich streiten können.

    3. Aufgrund der u. U. gravierenden Auswirkungen von Fehlein-schätzungen ist es im Zweifel zu empfehlen, die eigene Ein-schätzung durch eine verbindliche Auskunft der Finanzver-waltung (§ 89 AO) abzusichern.

    Da die nämlichen Betätigungen in der Regel mit zeitlichem Vor-lauf geplant und langfristig angelegt sind, sollte insoweit der Zeitfaktor (Bearbeitungsdauer des Finanzamts) keine Rolle spielen.

    4. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil ist beim BFH unter XI B 33/21 anhängig.

© 2021 - IWW Institut