Büro von Harald Sievers

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in Kooperation mit a
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Aktuelle Steuernews

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Werbungskosten - Juli 2020

  • Neue (fragwürdige) Ermittlung der Arbeitszimmerkosten beachten

    Bis 2017 konnten Arbeitnehmer die Aufwendungen für ein häus-liches Arbeitszimmer selbst dann als Werbungskosten geltend machen, wenn ihnen die private Wohnung oder das private Haus nicht allein gehörte.

    Aufgrund eines Urteils des BFH gilt diese großzügige Regelung nicht mehr.

    In zwei aktuellen Verfügungen werden Finanzbeamte für diese neue, arg fiskalische Ermittlung der abziehbaren Werbungs-kosten sensibilisiert.

    Die Verfügungen schießen jedoch über das Ziel hinaus, weil die Urteilsgrundsätze nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht bei Eigentum anzuwenden sind, sondern auch bei einer ange-mieteten Privatimmobilie.

    Ermittlung der Werbungskosten für häusliches Arbeits-zimmer bis Ende 2017
    Bis Ende 2017 befand sich in den Lohnsteuerhinweisen fol-gender Text (H 9.14 „Ermittlung der abziehbaren Aufwen-dungen LStH):

    „Liegt das Arbeitszimmer in einer den Ehegatten gemeinsam gehörenden Wohnung, einem gemeinsamen Einfamilienhaus oder einer gemeinsamen Eigentumswohnung, so sind die auf das Arbeitszimmer anteilig entfallenden Aufwendungen ein-schließlich AfA grundsätzlich unabhängig vom Miteigentums-anteil des anderen Ehegatten zu berücksichtigen.
    Entsprechendes gilt für die auf das Arbeitszimmer anteilig entfallenden Schuldzinsen.“


    Mit anderen Worten:
    Selbst wenn eine Eigentumswohnung beiden Ehegatten zu jeweils 50 Prozent gehörte, konnte der Ehegatte, der einen Raum dieser Wohnung als häusliches Arbeitszimmer nutzte, 100 Prozent der auf das Arbeitszimmer entfallenden Gebäudeab-schreibung und der Schuldzinsen bei Ermittlung der Arbeits-zimmerkosten geltend machen.

    Beispiel:
    Ehegatten waren zu jeweils 50 % Eigentümer einer Wohnung.

    Der Ehemann nutzte einen Raum als berufliches Arbeitszimmer.

    Die auf das Arbeitszimmer entfallende Abschreibung und die anteiligen Schuldzinsen betrugen 1.000 EUR.

    Folge:
    Der Ehemann durfte diese 1.000 EUR bei der Ermittlung der Arbeitszimmerkosten in voller Höhe berücksichtigen.

    Ermittlung der Werbungskosten für das häusliche Ar-beitszimmer nach neuer BFH-Rechtsprechung
    Werfen Sie einen Blick in die Lohnsteuerhinweise 9.14 im Lohnsteuerhandbuch 2018, werden Sie die oben genannte Text-passage nicht mehr finden.

    Das ist auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.12.2017 (VI R 41/15) zurückzuführen.

    Danach darf der Ehegatte, der das häusliche Arbeitszimmer aus beruflichen Gründen nutzt, die grundstücksorientierten Auf-wendungen nur noch in Höhe seines Miteigentumsanteils an der Wohnung als Werbungskosten geltend machen.

    Nach einer Verfügung des Finanz-Senats Bremen (4.11.19, 900-S 2145-1/2014-1/2016-11-1; Abruf-Nr. 215706) und einer Kurzinfo des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 8.1.2020 (VI 308-S 2145-116, ESt-Kurzinfo Nr. 2020/1; Abruf-Nr. 215707) gelten bei Ermittlung der Arbeitszimmerkosten folgende Grundsätze:

    Unterteilung der Arbeitszimmerkosten
    Die Kosten für das Arbeitszimmer sind in grundstücksorientierte und nutzungsorientierte Aufwendungen aufzuteilen.

    Je nach Zuordnung der Aufwendungen gilt Folgendes:

    Grundstücksorientierte Aufwendungen:
    Bei grundstücksorientierten Kosten wie Abschreibung, Schuld-zinsen, Grundsteuer oder Hausversicherungen dürfen die Kosten nur anteilig nach dem Miteigentumsanteil des Arbeit-nehmers, der das Arbeitszimmer nutzt, in die Arbeitszimmer-kosten einbezogen werden.

    Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer diese grundstücks-orientierten Kosten wirtschaftlich alleine getragen hat.

    Beispiel:
    Ein Ehepaar nutzt eine Eigentumswohnung, an der die beiden jeweils zu 50 % Eigentümer sind.

    Für Abschreibung und Zinsen fallen 1.000 EUR an.

    Die Kaufpreiszahlung sowie die Zinszahlungen erfolgten vom gemeinsamen Konto.

    Die Ehefrau nutzt in der Wohnung aus beruflichen Gründen einen Raum als Arbeitszimmer.

    Folge:
    Bei Ermittlung der Kosten für das Arbeitszimmer darf die Ehefrau nach den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung von den grundstücksorientierten Aufwendungen nur 500 EUR erfassen.

    Alternative:
    Ein Ehepaar nutzt eine Eigentumswohnung, die zu 100 % dem Ehemann gehört.

    Für Abschreibung und Zinsen fallen 1.000 EUR an.

    Die Kaufpreiszahlung sowie die Zinszahlungen erfolgten vom Konto des Ehemanns.

    Die Ehefrau nutzt in der Wohnung aus beruflichen Gründen einen Raum als Arbeitszimmer.

    Folge:
    Bei Ermittlung der Kosten für das Arbeitszimmer darf die Ehefrau nach den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung keine von den grundstücksorientierten Aufwendungen erfassen.

    Nutzungsorientierte Aufwendungen:
    Die auf das Arbeitszimmer entfallenden nutzungsorientierten Aufwendungen, wie Energiekosten, Renovierungskosten für das Arbeitszimmer, Reinigungskosten, darf der Arbeitnehmer, der das Arbeitszimmer nutzt, unabhängig von seinem Eigentums-anteil bei Ermittlung der Arbeitszimmerkosten erfassen.

    Das gilt unabhängig davon, wer die Aufwendungen wirtschaft-lich tatsächlich getragen hat (Grundsätze zum sog. Drittauf-wand).

    Beispiel:
    Ein Ehepaar nutzt eine gemeinsame Wohnung (Miteigentums-anteile jeweils 50 %).

    Der Ehemann nutzt einen Raum als berufliches Arbeitszimmer.

    Für Heizung, Strom und Wasser sowie Renovierung und Reini-gung entfallen 600 EUR auf das Arbeitszimmer.

    Die Ausgaben werden vom gemeinsamen Konto der Eheleute bezahlt.

    Folge:
    Diese nutzungsorientierten Aufwendungen darf der Ehemann zu 100 % bei der Ermittlung der Arbeitszimmerkosten erfassen.

    Alternative:
    Ein Ehepaar nutzt eine Wohnung, die zu 100 % im Eigentum der Ehefrau steht.

    Der Ehemann nutzt einen Raum als berufliches Arbeitszimmer.

    Für Heizung, Strom und Wasser sowie Renovierung und Reini-gung entfallen 600 EUR auf das Arbeitszimmer.

    Die Ausgaben werden vom Konto der Ehefrau bezahlt.

    Folge:
    Diese nutzungsorientierten Aufwendungen darf der Ehemann zu 100 % bei der Ermittlung der Arbeitszimmerkosten erfassen.

    Anwendung der Urteilsgrundsätze auch auf Mietwoh-nungen
    In den beiden aktuellen Verfügungen wird diese neue BFH-Rechtsprechung nicht nur auf Wohnungen angewandt, die im Eigentum von Ehegatten stehen, sondern auch auf angemietete Wohnungen.

    Beispiel:
    Ein Ehepaar mietet eine Wohnung an.

    Den Mietvertrag haben beide unterschrieben.

    Der Ehemann nutzt in dieser angemieteten Wohnung ein beruf-liches Arbeitszimmer.

    Die auf dieses Arbeitszimmer entfallende Kaltmiete beträgt 1.100 EUR, die Kosten für Heizung, Wasser, Strom, Renovie-rung und Reinigung betragen 400 EUR.

    Folge:
    Nach den Urteilsgrundsätzen darf der Ehemann von den grund-stücksorientierten Aufwendungen 550 EUR und von den nut-zungsorientierten Aufwendungen 400 EUR bei der Ermittlung der Arbeitszimmerkosten erfassen.

    Alternative:
    Ein Ehepaar mietet eine Wohnung an.

    Den Mietvertrag unterschreibt nur die Ehefrau.

    Der Ehemann nutzt in dieser angemieteten Wohnung ein beruf-liches Arbeitszimmer.

    Die auf dieses Arbeitszimmer entfallende Kaltmiete beträgt 1.100 EUR, die Kosten für Heizung, Wasser, Strom, Renovie-rung und Reinigung betragen 400 EUR.

    Folge:
    Nach den Urteilsgrundsätzen darf der Ehemann nur die nut-zungsorientierten Aufwendungen i. H. v. 400 EUR bei der Er-mittlung der Arbeitszimmerkosten erfassen.

    Relevanz für die Praxis
    Zwei Signalwirkungen ergeben sich aus dieser neuen Sicht-weise:

    1.
    Ist nur ein Ehegatte Mieter und das Finanzamt lässt die Kosten beim anderen Ehegatten nicht als Arbeitszimmerkosten zum Abzug zu, könnte der Rechtsweg bestritten werden.
    Denn in dem Urteil vom 6.12.2017 ging es um Eigentums-verhältnisse und nicht um Mietverhältnisse.

    Ob die Urteilsbegründung bei Mietverhältnissen vergleichbar und haltbar ist, scheint zumindest fragwürdig.

    2.
    Mietet ein Ehepaar eine Wohnung an und es steht zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass nur einer der Eheleute einen Raum als häusliches Arbeitszimmer nutzen wird, sollte auch nur dieser Ehegatte den Mietvertrag unterzeichnen.

    Nur so sichert sich das Ehepaar den 100-prozentigen Abzug der grundstücksorientierten Aufwendungen (Kaltmiete).

    Wer ist von dieser neuen Ermittlungsmethode betroffen?
    In dem Urteilsfall vom 6.12.2017 ging es um Eigentums-verhältnisse von Ehegatten an der gemeinsamen Wohnung, in der ein Ehegatte einen Raum als berufliches Arbeitszimmer nutzte.

    Da ist es nach § 2 Abs. 8 EStG konsequent, wenn das Finanz-ministerium Schleswig-Holstein darauf hinweist, dass die Urteilsgrundsätze auch auf Partner einer eingetragenen Lebens-partnerschaft anzuwenden sind.

    Die Finanzverwaltung geht jedoch einen Schritt weiter und wendet die Urteilsgrundsätze auch auf nichteheliche Lebens-gemeinschaften an.

    Auch hier stellt sich die Frage, ob das nicht zu einer über-schießenden Wirkung ‒ insbesondere bei Mietverhältnissen ‒ führt.

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