Büro von Harald Sievers

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Aktuelle Steuernews

Hier stellen wir Ihnen aktuelle Steuer Änderungen vor. Stets aktuell und kompetent. Sehen Sie bitte regelmäßig vorbei, damit Sie auf dem Laufenden bleiben.

Außenprüfer - Okt. 2020

  • Neue Spielwiesen der Außenprüfer - Virtuelle Währung im Privatvermögen im Fokus der Finanzverwaltung

    Sachbearbeiter und Prüfer der Finanzämter werden von den übergeordneten Behörden sensibilisiert, bei Bearbeitung der Steuererklärungen oder bei Außenprüfungen nach Einnahmen im Privatvermögen aus virtuellen Währungen Ausschau zu halten.

    Der folgende Beitrag soll Sie als Steuerberater für diese steuer-lich komplizierte Thematik sensibilisieren.

    Definition des Begriffs virtuelle Währung
    Unter virtueller Währung versteht man die digitale Darstellung eines Werts, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natür-lichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und der auf elektronischem Weg übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.

    Virtuelle Währungen, nach denen Sachbearbeiter und Prüfer im Privatvermögen ihres Mandanten Ausschau halten sollen, sind insbesondere

    - Bitcoin, Ethereum, Bitcoin Cash,  Ripple, Dash, Litecoin, Monero, IOTA und NEO -.

    Grundsätze zur Besteuerung von Einnahmen aus virtu-eller Währung
    Erzielt ein Mandant aus dem Verkauf virtueller Währung einen Gewinn oder einen Verlust, ist dieser im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts steuerlich zu erfassen, wenn der Zeit-raum zwischen Erwerb und Verkauf nicht mehr als ein Jahr betragen hat (§ 22 Nr. 2 EStG i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).

    Nach Ansicht der Finanzverwaltung stellt virtuelle Währung ein „anderes Wirtschaftsgut“ i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG dar.

    Diese Auffassung wurde durch den Beschluss des FG Berlin-Brandenburg (20.6.19, 13 V 13100/19) bestätigt.

    Die Richter qualifizierten virtuelle Währung als immaterielles Wirtschaftsgut und somit als „anderes Wirtschaftsgut“ im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts.

    PRAXISTIPP
    Folgende Besonderheiten sind bei Einnahmen aus virtueller Währung eines Mandanten steuerlich zu beachten:

    1. Die Einkommensteuerpflicht muss nicht durch einen Verkauf der Währung ausgelöst werden.

    Es genügt bereits, wenn mit der virtuellen Währung Waren oder Dienstleistungen bezahlt werden.

    Dieser Tausch gilt bereits als Verkauf von Bitcoins & Co.


    2. Die Veräußerungsfrist kann sich von einem Jahr auf zehn Jahre verlängern, wenn die virtuelle Währung beispielsweise durch sogenanntes Lending (siehe dazu nachfolgende Infor-mationen) als Einkunftsquelle genutzt wird.

    Kauf und Verkauf virtueller Währung
    Damit das Finanzamt Gewinne aus dem Verkauf virtueller Währung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts be-steuern kann, bedarf es eines Anschaffungs- und Informa-tionsvorgangs.

    Unter Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb der virtuellen Währung durch Kauf oder Tausch von einem Dritten zu ver-stehen.

    Ein Anschaffungsgeschäft gegen Entgelt ist danach erfüllt, wenn

    - die virtuelle Währung im Tausch gegen EUR, Ware oder Dienstleistungen angeschafft wird

    oder

    - Ihr Mandant virtuelle Währung im Tausch gegen eine andere virtuelle Währung erhält

    oder

    - die virtuelle Währung im Wege des Minings erlangt wurde.

    Mining ist ein Prozess der Bereitstellung von Rechenkapazitäten, wobei im Gegenzug virtuelle Währung erzielt wird.


    Beispiel
    Ein Mandant bekommt für einen Gegenstand vom Käufer virtuelle Währung i. H. v. 5.000 EUR und verkauft diese inner-halb der Jahresfrist für 6.500 EUR.

    Folge:
    Der Tausch des Gegenstands gegen virtuelle Währung stellt ein Anschaffungsgeschäft dar.

    Da der Verkauf innerhalb der Jahresfrist erfolgte, muss der Mandant 1.500 EUR als privates Veräußerungsgeschäft ver-steuern.

    Korrespondierend zu diesen Grundsätzen zur Anschaffung liegt ein Veräußerungsgeschäft vor, wenn virtuelle Währung entgelt-lich auf einen Dritten übertragen wird.

    Danach geht das Finanzamt in folgenden Fällen von einem Veräußerungsgeschäft aus:

    - Tausch und Rücktausch von virtueller Währung in EUR oder in eine andere virtuelle Währung.

    - Tausch oder Rücktausch von virtueller Währung in eine Ware oder in eine Dienstleistung.


    Beispiel
    Ein Mandant erwarb vor sieben Monaten virtuelle Währung für 8.000 EUR und erwirbt dafür Ware im Wert von 12.000 EUR.

    Folge:
    Der Tausch der virtuellen Währung gegen die Ware stellt ein Veräußerungsgeschäft dar.

    Der Mandant muss also im Rahmen eines privaten Ver-äußerungsgeschäfts i. H. v. 4.000 EUR versteuern.

    Sonderfälle zum Kauf und Verkauf virtueller Währung
    In der Praxis finden sich zahlreiche Möglichkeiten, an virtuelle Währung zu kommen und diese weiterzugeben.

    Entscheidend dafür, ob das Finanzamt Gewinne besteuern darf, ist stets die Prüfung des Vorliegens eines Anschaffungsge-schäfts und eines Veräußerungsgeschäfts.

    Hier einige steuerliche Besonderheiten dazu.

    Einlösung von Utility Token
    Token sind digitale Werte. Sie können Ansprüche oder Rechte verkörpern, deren Funktionen variieren.

    Utility Token vermitteln dem Inhaber bestimmte Nutzungs-rechte (z. B. Zugriff auf ein noch zu schaffendes Netzwerk) oder einen Anspruch darauf, den Token gegen eine bestimmte Ware oder Dienstleistung einzutauschen.

    Werden solche Utility Token eingelöst, ist das einkommen-steuerlich unbeachtlich.

    Es fehlt hier an einem Veräußerungsgeschäft, weil es an einer entgeltlichen Übertragung virtueller Werte auf einen Dritten fehlt (BFH 6.2.18, IX R 33/17).

    PRAXISTIPP
    Werden Utility Token dagegen veräußert oder werden sie als Zahlungsmittel verwendet (sog. Hybride-Token) und beträgt der Zeitraum zwischen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft weniger als ein Jahr, liegt ein einkommensteuerlich relevantes privates Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor.

    Kostenlose Verteilung virtueller Währung oder Token
    Beim sogenannten „Airdrop“ wird eine virtuelle Währung oder Token im Rahmen von Marketingleistungen scheinbar kostenlos verteilt.

    Im Gegenzug wird erwartet, dass sich die Kunden für die Teilnahme am Airdrop registrieren und Daten von sich preis-geben.

    Hängt die Zuteilung der virtuellen Währung davon ab, dass der Mandant Daten von sich preisgibt, die wesentlich über die Informationen hinausgehen, die für die schlichte technische Zuteilung erforderlich sind, unterstellt das Finanzamt in der Datenüberlassung eine Leistung des Mandanten i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG, für die er als Gegenleistung virtuelle Währung oder Token erhält.

    Führt die Zuteilung zu Einkünften aus sonstiger Leistung liegt ein Anschaffungsgeschäft vor.

    Zerstörung oder Verlust der virtuellen Währung
    Werden virtuelle Währungen oder Token zerstört, gehen sie wegen Datenverlusts verloren oder werden gestohlen, verneint das Finanzamt Verluste aus einem privaten Veräußerungs-geschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und lässt die Verluste nicht zur Verrechnung mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften zu.

    Begründung:
    Es liegt kein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 EStG vor.

    Ausdehnung der Veräußerungsfrist auf zehn Jahre
    Die Veräußerungsfrist verlängert sich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG von einem auf zehn Jahre, wenn die virtuelle Währung als Einkunftsquelle genutzt wird und zumindest in einem Kalenderjahr hieraus Einkünfte erzielt werden.

    Eine Nutzung der virtuellen Währung dürfte in folgenden Fällen vom Finanzamt unterstellt werden:

    Lending:
    Beim sogenannten Lending werden über das Verleihen von virtueller Währung zusätzlich Erträge in Form von virtueller Währung generiert.

    Staking:
    Beim sogenannten Cold-Staking erhält der Teilnehmer einer Blockchain allein durch das Halten von virtueller Währung weitere virtuelle Währung gutgeschrieben.

    Voraussetzung ist, dass der Teilnehmer die virtuelle Währung für einen bestimmten Zeitraum nicht nutzt.

    Beispiel
    Ein Mandant erwirbt virtuelle Währung für 5.000 EUR und ver-leiht diese in Form des Lendings.

    Dafür erhält er weitere virtuelle Währung i. H. v. 5.000 EUR.

    24 Monate nach dem Kauf der virtuellen Währung verkauft er diese für 10.000 EUR.

    Folge:
    Hier liegt ein privates Veräußerungsgeschäft vor, weil der Ver-kauf innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgte.

    Beachten Sie ...
    Wird nicht die gesamte virtuelle Währung in Form des Lendings verliehen, sondern nur ein Teil davon, gilt für einen Teil der virtuellen Währung die Veräußerungsfrist von einem Jahr und für die verliehene Währung die Zehnjahresfrist.

    Verkauft der Mandant einen Teil der virtuellen Währung, gilt der Teil der virtuellen Währung als zuerst verkauft, bei dem die Veräußerungsfrist bereits abgelaufen ist.

    FAZIT
    Als Steuerberater muss man sich also sehr intensiv in die Thematik „virtuelle Währung“ mit ihren zahlreichen und ver-schiedenen Fachbegriffen einarbeiten, sollte das Finanzamt der Meinung sein, dass ein privates Veräußerungsgeschäft anzu-nehmen ist.

    Im Zweifel empfiehlt sich bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt die Einschaltung der übergeordneten Finanzbehörde.

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