Büro von Harald Sievers

Logo - Harald SieversHarald Sievers .
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Aktuelle Steuernews

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Umsatzsteuer - Okt. 2017

  • § 24 UStG - Keine Durchschnittssatzbesteuerung für den Verkauf von „Ackerstatusrechten“

    Der sog. Verkauf von „Ackerstatusrechten“, also das Vorhalten von Dauergrünland eines Landwirts zugunsten eines anderen Landwirts zur Umbruchsgenehmigung ist kein Anwendungsfall der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG.

    Begriffliche Klärungen und umweltpolitischer Hinter-grund
    Für das Verständnis des Urteils wichtig sind das Wissen um die Bedeutung der Begriffe „Grünlandumbruch“ und „Cross Compli-ance“ sowie das Wissen um den umweltpolitischen Hintergrund.

    Sachverhalt
    Die Klägerin (K) führt einen landwirtschaftlichen Betrieb und unterliegt mit ihren Umsätzen der Besteuerung nach Durch-schnittssätzen.

    K schloss mit Herrn A einen „Vertrag über den Verkauf von Ackerstatusrechten für landwirtschaftliche Nutzflächen gemäß der Dauergrünland-Erhaltungsverordnung des Bundesland (SH) Schleswig-Holstein.

    In dem Vertrag verpflichtete sich K gegenüber A, eine in ihrem Eigentum stehende Fläche mit einer Größe von 10,5 ha als Dauergrünland anzulegen bzw. zu erhalten.
    Sie versicherte dem „Käufer“, dass die Fläche in den kom-menden fünf Jahren als Dauergrünlandfläche im jeweiligen Sammelantrag beim zuständigen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume beantragt werde.

    Als Entgelt für die Verpflichtung zur Anlegung / zum Erhalt des Dauergrünlandes erhielt sie im Streitjahr ein einmaliges Entgelt in Höhe von 1.000,00 EUR je Hektar, also insgesamt 10.500,00 EUR.

    Die Beteiligten streiten nun darum, ob das Entgelt der Durch-schnittsbesteuerung oder der Regelbesteuerung unterliegt.

    Entscheidung
    Die entgeltliche Erstellung und Bereitstellung von Dauer-grünland stellt vorrangig eine wirtschaftliche Reaktion der Teilnehmer auf naturschutzrechtliche Bestimmungen und Regelungen zu Direktzahlungen dar.

    Der maßgebliche Bestandteil der erbrachten Leistung ist die Entäußerung des Rechts zur eigenen Intensivnutzung und damit keine land- und forstwirtschaftliche Leistung i. S. d. § 24 UStG.

    Die Steuer ist aufgrund der Vereinnahmung des vollen Entgelts im Streitjahr entstanden.

    1. Enge Auslegung geboten
    § 24 UStG beruht auf den europarechtlichen Vorgaben und ist daher nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinien-konform auszulegen.

    Dies hat zur Folge, dass die Norm ihrem Wortlaut nach zwar auf „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze“ Anwendung findet, damit aber nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirt-schaftlicher Dienstleistungen gemeint sind, auf die die Pauschal-regelung der Art. 295 ff. MwStSystRL Anwendung findet.

    Die Pauschalregelung ist als Ausnahme von der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung der Richtlinie grundsätzlich eng auszu-legen.

    2. Vermietung und Verpachtung nur ausnahmsweise er-fasst
    Eine Vermietung oder Verpachtung fällt nur dann unter die von der Ausnahmeregelung erfassten Dienstleistungen, wenn sie Mittel betrifft, die der vermietende Landwirt weiter zum Betrieb seiner eigenen Landwirtschaft verwendet kann.

    Aus diesem Grund fällt beispielsweise die Vermietung und die Verpachtung oder die Einräumung eines Nießbrauchs, mit de-nen ein Landwirt die ausschließliche Nutzung von unbeweg-lichen Sachen einem anderen Landwirt überlässt, damit dieser Früchte daraus zieht, nicht darunter, weil der überlassene Landwirt die betreffenden Güter damit nicht mehr gewöhnlich verwenden kann.

    Das Gleiche gilt folglich auch für die langfristige Vermietung aller anderen Bestandteile eines Betriebs, die ausschließlich der Mieter nutzt.

    Der BFH hat darüber hinaus betont, dass landwirtschaftliche Dienstleistungen nur solche seien, die „normalerweise“ zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen.

    3. Sonstige Leistung eigener Art
    Gegenstand der streitigen sonstigen Leistung ist die Ver-pflichtung (und deren Einhaltung) der K zur Anlage und zum Erhalt von Dauergrünland, sowie damit untrennbar verbunden die Verpflichtung, eine im Sinne der landesrechtlichen Vorgaben schädliche landwirtschaftliche Nutzung der Flächen zu unter-lassen und dem „Käufer“ das dadurch gewonnene „Ackerstatus-recht“ zu verschaffen.

    Diese Verpflichtung geht einher mit der vertraglich geregelten Pflicht, die Fläche über den Vertragszeitraum als Dauer-grünlandfläche im jeweiligen Sammelantrag bei der zuständigen Landesbehörde zu beantragen.

    4. Keine landwirtschaftliche Dienstleistung
    Die sich aus diesen Elementen zusammensetzende sonstige Leistung ist keine landwirtschaftliche Dienstleistung:

    > Zunächst ist die Leistung nicht im Katalog des Anhang VIII der MwStSystRL enthalten.

    Auch entspricht sie nicht dem Charakter der dort – exempla-risch – aufgelisteten Leistungen und fällt folglich auch nicht als diesen Leistungen vergleichbare Dienstleistung in den Anwen-dungsbereich der Richtlinie.

    Sämtliche in dem Anhang aufgelisteten Dienstleistungen stehen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Produktion, indem sie

    > unmittelbar der Herstellung (z.B. Anbau von Pflanzen, Mästen von Vieh)

    oder

    > der Gewinnung und Verwertung (z.B. Ernte, Dreschen, Ver-packen) landwirtschaftlicher Produkte

    dienen.

    In diesem Kontext des unmittelbaren Dienens der landwirt-schaftlichen Produktion steht die streitgegenständliche Leistung nicht.

    Sie verschafft dem Leistungsempfänger („Käufer“) lediglich die Möglichkeit, Ausgleichsgrünland auf Fremdflächen für den begehrten Umbruch eigener Grünlandflächen nachzuweisen, was – sofern der „Käufer“ die begehrte Genehmigung erhält – als mittelbare Folge zum Umbruch des Dauergrünlands und als weitere mittelbare Folge zur landwirtschaftlichen Produktion durch den „Käufer“ auf den eigenen umgebrochenen Flächen führen kann.

    Diese zur Verfügung gestellte Möglichkeit steht lediglich in einem mittelbaren Zusammenhang zur Produktion des „Käufers“ auf seinen Flächen, welcher nicht ausreicht, um die sonstige Leistung den im Anhang B genannten Leistungen gleich zu stellen.

    > Weiterhin stellt die streitgegenständliche Leistung keine Leistung dar, die „normalerweise“ zur landwirtschaftlichen Pro-duktion beiträgt.

    Dieses Merkmal – welches entsprechend den vorgenannten Grundsätzen als Einschränkung des exemplarischen Leistungs-katalogs anzusehen ist – setzt voraus, dass die fragliche Leistung als normaler Bestandteil der landwirtschaftlichen Pro-duktion angesehen werden kann.

    > Schließlich betrifft die Dienstleistung keine Mittel, die der landwirtschaftliche Erzeuger gewöhnlich zum Betrieb seiner eigenen Landwirtschaft verwendet.

    So wie das Merkmal im Falle einer Vermietung nicht erfüllt ist, weil der Landwirt den vermieteten Gegenstand aufgrund der Überlassung an einen Dritten nicht mehr selber gewöhnlich nutzt, entäußert sich auch „Verkäufer“ bei der Gestellung von Dauergrünland-Ausgleichsflächen der Möglichkeit einer inten-siven Bewirtschaftung, sodass das „Ackerstatusrecht“ dem „Verkäufer“ letztlich dauerhaft nicht mehr zur gewöhnlichen Nutzung zur Verfügung steht.

    Dabei ist es unschädlich, wenn der „Verkäufer“ die Flächen noch dadurch nutzt, dass er aus dem Dauergrünland Erträge durch Schnitte des Grases oder der Grünfutterpflanzen erzielt.

    Denn die Gegenleistung für den „Verkauf“ des „Ackerstatus-rechts“ wird nicht aufgrund der gezogenen (Eigen-)Nutzungen des „Verkäufers“ geleistet, sondern deswegen, weil der „Ver-käufer“ die streitgegenständlichen Fläche über mindestens fünf Jahre von der Fruchtfolge ausnimmt und damit eine Intensiv-nutzung des Landes unterlässt.

    Maßgeblicher Bestandteil der erbrachten Leistung ist damit die Entäußerung des Rechts zur eigenen Intensivnutzung, welches dem „Verkäufer“ damit auf Dauer nicht mehr zur Verfügung steht.

    5. Keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG
    Da die Flächen dem Landwirt A nicht zum Gebrauch oder zur Nutzung überlassen werden, kommt eine Steuerbefreiung auf Grund Vermietung und Verpachtung von Grundstücken u.ä. nicht in Betracht.

    6. Vorsteuerabzug
    Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird zugunsten des Steuer-pflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kosten-elemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind.

    Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch ge-nommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirt-schaftlich zuzurechnen ist.

    Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.

    Danach steht K dem Grunde nach ein Vorsteuerabzug zu, so-weit bezogene und umsatzsteuerbelastete Eingangsumsätze mit dem hier streitgegenständlichen „Verkauf von Ackerstatus-rechten“ nach den vorstehenden Grundsätzen im Zusammen-hang stehen.

    Die Beteiligten haben insoweit eine tatsächliche Verständigung getroffen.

    PRAXISHINWEIS
    Die Revision wurde zugelassen.
    Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. V R 55/16 geführt.

    Entsprechende Rechtsbehelfsverfahren ruhen daher nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

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