Büro von Harald Sievers

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Strafprozessrecht - Mai 2018

  • Durchsuchung der Privaträume bei Verdacht der Insol-venzverschleppung
    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Die Anordnung einer Durchsuchung der Privaträume eines GmbH-Geschäftsführers, der im Verdacht steht, eine Insolvenz verschleppt zu haben, ist unverhältnismäßig.

    Eine Durchsuchung bei einem Beschuldigten (nach § 102 StPO ) erfordert den konkreten Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde.

    Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen in diesem Zusammenhang nicht aus.
    Dies hat das BVerfG in einem aktuellen Beschluss erneut her-vorgehoben.

    Sachverhalt
    Aufgrund einer Anzeige leitete die Staatsanwaltschaft ein Er-mittlungsverfahren gegen Verantwortliche einer GmbH wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) ein.

    Sie beantragte anschließend beim Ermittlungsrichter für die Firmenräume und die Privatwohnung des Geschäftsführers so-fort einen Durchsuchungsbeschluss, der auch zeitnah vollzogen wurde.

    Nachdem sich die Ermittlungen ein Jahr hingezogen hatten, wurde das Verfahren mangels Nachweises einer Straftat ein-gestellt (§ 170 Abs. 2 StPO).

    Eine vorangegangene Beschwerde des Beschuldigten gegen die richterliche Anordnung blieb erfolglos.

    Das BVerfG stellte demgegenüber einen Verstoß gegen den Art. 13 Abs. 1 GG – Unverletzlichkeit der Wohnung – fest.

    Entscheidung
    Mit einer Durchsuchung ist stets ein schwerwiegender Eingriff in die durch Art. 13 GG geschützte räumliche Lebenssphäre des Einzelnen verbunden.

    Um eine solche Belastung zu rechtfertigen, ist stets ein erheb-licher Anfangsverdacht erforderlich.
    Dieser Anfangsverdacht muss über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen und auf konkreten Tatsachen beruhen.

    Eine Durchsuchung darf daher nicht der Ermittlung von Tat-sachen dienen, die zur Begründung eines solchen Anfangs-verdachts erst erforderlich sind.

    Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

    Eine staatliche Maßnahme ist dann unverhältnismäßig, wenn naheliegende grundrechtsschonendere Ermittlungsmaßnahmen ohne Gründe unterbleiben oder zurückgestellt werden.

    Die Richter sahen diese Prinzipien als verletzt an, weil aus ihrer Sicht schon kein hinreichender Anfangsverdacht gegeben war.

    Die Anträge der Staatsanwaltschaft wurden lediglich darauf ge-stützt, dass die Gesellschaft zuvor regelmäßig erbrachte Miet-zahlungen nicht mehr geleistet und der Geschäftsführer zudem von einer finanziellen Notlage gesprochen hatte.

    Nähere Erkenntnisse zu den finanziellen Verhältnissen der GmbH fehlten demgegenüber zu Beginn der Ermittlungen voll-ständig.
    Außerdem hatte der Geschäftsführer ausdrücklich erklärt, die – unstreitigen – offenen Mietforderungen sollten mit konkreten Gegenforderungen verrechnet werden.

    Bei dieser Sachlage hätten die Ermittlungsbehörden vor einer Durchsuchung zuerst alle naheliegenden weniger eingriffs-intensiven Ermittlungsmaßnahmen in Betracht ziehen müssen.

    Insbesondere hätte man die Finanzlage der GmbH durch Ein-sichtnahme in das Schuldnerverzeichnis und in die nach § 325 HGB publizierungspflichtigen und daher leicht zugänglichen Jahresabschlüsse überprüfen können.

    Auch hätte die Möglichkeit bestanden, Kontoabfragen bei der BaFin bzw. den einzelnen Kreditinstituten durchzuführen, um so die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens festzustellen.

    PRAXISHINWEIS
    Vorschnelle Durchsuchungsmaßnahmen führen immer wieder zu heftigen Rügen des BVerfG, die – wie die vorliegende Ent-scheidung erneut belegt – von den Staatsanwaltschaften bzw. den Ermittlungsrichtern in der Praxis häufig nicht in vollem Um-fang beachtet werden.

    Auch die Rechtsmittelgerichte geben diesbezüglichen Beschwer-den nur selten Recht.

    Dem Betroffenen bleibt nach Abschluss der gerade in Wirtschaftsstrafsachen sich teils jahrelang hinziehenden Ver-fahren bei einer Einstellung faktisch lediglich die Möglichkeit, Entschädigungsansprüche auf der Basis des Strafverfolgungs-entschädigungsgesetzes (StrEG) geltend zu machen.

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