Büro von Harald Sievers

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Aktuelle Steuernews

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Einkommensteuer - Jan. 2021

  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Gebäuden mit mehreren Einheiten

    Bei Kauf einer Immobilie, die anschließend vermietet wird, schauen die Sachbearbeiter in den folgenden drei Jahren ganz genau auf die Höhe der Instandhaltungs- und Modernisierungs-aufwendungen.

    Denn sind diese in dem Dreijahreszeitraum nach dem Kauf zu hoch, dürfen diese Ausgaben nicht sofort in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden.

    Es handelt sich vielmehr um anschaffungsnahe Herstellungs-kosten, die den Anschaffungskosten des Gebäudes zugeschla-gen und über die Nutzungsdauer des Gebäudes abzuschreiben sind.

    Ein aktuelles Urteil verrät neue Details zur Thematik „anschaf-fungsnahe Herstellungskosten“.

    Grundsätze zu anschaffungsnahen Herstellungskosten
    Ob Instandhaltungs- oder Modernisierungskosten, die innerhalb von drei Jahren nach dem Kauf einer Immobilie entstanden sind, sofort als Werbungskosten abziehbar sind, hängt entschei-dend davon ab, wie hoch diese waren.

    Betragen solche Ausgaben im Dreijahreszeitraum ohne Umsatz-steuer mehr als 15 % der auf das Gebäude entfallenden An-schaffungskosten, liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG).

    Folge:
    In diesem Fall ändert das Finanzamt die Steuererklärungen im Dreijahreszeitraum, kippt den bisherigen Werbungskostenabzug für die Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen, rechnet diese Ausgaben den Anschaffungskosten für das Ge-bäude hinzu und ermittelt einen jährlichen höheren Abschrei-bungsbetrag im Rahmen der Gebäudeabschreibung.

    Sonderfall bei Gebäude mit mehreren Einheiten
    Handelt es sich bei dem Gebäude um ein aus mehreren Ein-heiten bestehendes Gebäude, ist bei Prüfung der 15 %-Grenze nicht auf das gesamte Gebäude abzustellen, sondern auf den jeweiligen selbstständigen Gebäudeteil, wenn die einzelnen Ge-bäudeteile unterschiedlich genutzt werden.

    Wird ein Gebäude mit mehreren Einheiten dagegen nicht in unterschiedlicher Weise genutzt, ist bei Prüfung der 15 %- Grenze auf das Gesamtgebäude abzustellen (BFH 14.6.16, IX R 22/15).

    Beispiel
    Ein Gebäude besteht aus zwei Einheiten. In beiden Einheiten befinden sich Wohnungen, die zu Wohnzwecken vermietet wer-den.

    Folge:
    Das Finanzamt prüft bezogen auf die Anschaffungskosten für das Gesamtgebäude, ob die Instandhaltungs- und Modernisie-rungsaufwendungen in dem Dreijahreszeitraum nach dem Kauf netto mehr als 15 % der Gebäudeanschaffungskosten betragen.

    Begründung:
    Es wird auf das Gesamtgebäude abgestellt, weil die verschie-denen Einheiten nicht unterschiedlich (jeweils Vermietung zu Wohnzwecken) genutzt werden.

    Beispielsvariante
    Ein Gebäude besteht aus zwei Einheiten. Einheit 1 wird zu Wohnzwecken und Einheit 2 als Praxis an einen Arzt vermietet.

    Folge:
    Das Finanzamt wird die 15 %-Grenze in diesem Fall für beide Gebäudeteile getrennt durchführen.

    Begründung:
    Beide Einheiten des Gebäudes werden unterschiedlich genutzt (Vermietung zu Wohnzwecken und Vermietung für freiberufliche Tätigkeit).

    Finanzgericht aktuell:
    Fallstricke bei Änderung der Gebäudenutzung

    Das Finanzgericht Nürnberg musste nun einen Fall entscheiden, bei dem ein Steuerzahler ein Gebäude gekauft hat.

    Das Gebäude bestand aus einem Haupthaus, in dem sich ver-mietete Wohnungen befanden.

    In einem Anbau zum Haupthaus befand sich eine Praxis, die nach Renovierung auch wieder als Praxis vermietet werden sollte.

    Als kein Mieter für die Praxisräume gefunden werden konnte, ließ der Steuerzahler die Praxisräume noch innerhalb des Dreijahreszeitraums in Wohnungen umbauen und vermietete diese.

    Auffassung des Finanzamts:
    Das Finanzamt prüfte die 15 %-Grenze und ging dabei von den Anschaffungskosten für das Gesamtgebäude aus, weil innerhalb des Dreijahreszeitraums insgesamt nur Wohnungen vermietet wurden.

    Da die 15 %-Grenze überschritten wurde, stellten sämtliche Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen anschaf-fungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar.

    Auffassung des Steuerzahlers:
    Der Steuerzahler beantragte jedoch vor Gericht, dass die 15 %- Grenze für zwei Einheiten getrennt zu prüfen ist.

    Für Einheit 1 mit den Wohnungen dürften die Instandhaltungs- und Modernisierungskosten sofort als Werbungskosten abge-zogen werden, weil die 15 %-Grenze nicht überschritten wird.

    Für Einheit 2 (ursprüngliche und geplante Vermietung für frei-berufliche Tätigkeit) kommt es aufgrund der Umbaumaßnah-men tatsächlich zu anschaffungsnahen Herstellungskosten.

    Auffassung des Finanzgerichts:
    Der Sachbearbeiter im Finanzamt lehnte die getrennte Betrach-tung der Gebäudeeinheiten ab und stellte bei Prüfung der 15 %-Grenze weiterhin auf die Anschaffungskosten des Gesamtge-bäudes ab.

    Das Finanzamt bekam für seine Sichtweise Rückendeckung vom Finanzgericht Nürnberg (FG Nürnberg 15.7.20, 3 K 1215/19).

    Die Richter des Finanzgerichts Nürnberg begründeten die Ge-samtbetrachtung des Gebäudes mit folgenden Argumenten:

    - Bei der Prüfung, ob Gebäudeteile unterschiedlich genutzt werden, kommt es nicht auf die bisherige Nutzung durch den Verkäufer des Gebäudes an.

    - Auch die geplante Nutzung durch den Käufer des Grundstücks spielt keine Rolle.

    - Entscheidend ist, dass nach Änderung der Zweckbestimmung für den Anbau alle Gebäudeteile zur Wohnvermietung genutzt werden und diese Nutzungsänderung innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes erfolgt.

    Signalwirkungen für die Beratungspraxis
    Dieses Urteil des Finanzgerichts Nürnberg dürfte für die Bera-tungspraxis interessant sein.

    In vergleichbaren Fällen könnte die getrennte Betrachtung der Gebäudeteile mit folgenden Überlegungen herbeigeführt wer-den: keine Nutzungsänderung im Dreijahreszeitraum.

    Liest man das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg zwischen den Zeilen, haben sich die Richter nur deshalb für die Gesamt-betrachtung ausgesprochen, weil sämtliche Einheiten innerhalb des Dreijahreszeitraums zu Wohnzwecken vermietet wurden.

    Im Umkehrschluss müsste das bedeuten:
    Bemerkt ein Immobilieneigentümer, dass es mit der Vermietung einer Praxis nicht klappt und plant den Umbau der Praxisräume in Wohnungen, sollten diese Wohnungen erstmals nach Ablauf des Dreijahreszeitraums zu Wohnzwecken vermietet werden.

    Argumente für die Praxis
    Sollte das Finanzamt anderer Meinung sein, dürften die Argu-mente der Nürnberger Richter helfen:

    Innerhalb des Dreijahreszeitraums wurden die Einheiten unter-schiedlich genutzt.

    Auf die geplante Nutzung kommt es nicht an.

    Aufteilung des Gebäudes im Notarvertrag
    In der Urteilsbegründung ist an verschiedenen Stellen zu lesen, dass der Käufer der Immobilie stets von Hauptgebäude und Nebengebäude spricht, dass diese Unterteilung im Notarvertrag jedoch nicht getroffen wurde.

    Daraus könnte man schließen, dass eine Aufteilung des Ge-bäudes und der Kaufpreise auf die einzelnen Gebäudeteile dazu führen könnte, dass das Finanzamt bei der Prüfung der 15 %- Grenze die jeweiligen Einheiten getrennt betrachtet.

    Aufgrund der Urteilsbegründung kann die Aufteilung in Ge-bäudeteile jedoch zu keinem anderen Ergebnis führen.

    Denn es kommt ausschließlich auf die Nutzung der Einheiten des Gebäudes an.

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