Büro von Harald Sievers

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Aktuelle Steuernews

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Verfahrensrecht - Aug. 2019

  • Neue Tatsache nach § 173 AO bei unaufgefordert über-sandten Steuerbelegen?
    Dipl.-Finw. Bernhard Köstler, Neubiberg

    Eine interne Verfügung der Finanzverwaltung befasst sich mit einer interessanten Frage, die in der Praxis häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt führt. Die Frage lautet:

    Ist eine Änderung des Steuerbescheids – zugunsten oder zuungunsten eines Steuerzahlers – wegen neuer Tatsachen erlaubt, wenn die Steuerbelege vom Steuerzahler unaufge-fordert ans Finanzamt übersandt wurden.

    Die Antwort: Es kommt darauf an.

    Zunächst ist festzuhalten, dass Steuerzahler seit dem Veran-lagungsjahr 2017 keine Steuerbelege mehr mit ihrer Steuer-erklärung beim Finanzamt einreichen müssen.

    Es besteht seither lediglich eine Vorhaltepflicht für Steuer-belege.

    In der Praxis kommt es allerdings sehr häufig vor, dass Steuer-zahler „pflichtbewusst“ die Steuerbelege mit der Erklärung gleich mitliefern.

    Kommt es zum Streit mit dem Finanzamt über Ausgabenposten zu unaufgefordert übersandten Steuerbelegen, stellt sich die Frage, ob hier dennoch eine neue Tatsache nach § 173 AO vor-liegen kann?

    Zur Beantwortung dieser Frage sind verschiedene Szenarien zu unterscheiden.

    Szenario 1:
    Steuerbelege werden ohne Überprüfung zurückgeschickt

    Ziel der bloßen Belegvorhaltepflicht bei Abgabe einer Steuerer-klärung ist, dass noch mehr Steuerzahler dazu animiert werden, ihre Steuererklärung elektronisch ans Finanzamt zu über-mitteln.

    Außerdem geht es auch darum, dass der Steuerbescheid nach Durchlaufen eines Risikomanagers vollautomatisch – also ohne Überprüfung der Steuererklärung durch den Sachbearbeiter im Finanzamt – erstellt und versandt wird.

    Reicht ein Steuerzahler also unaufgefordert Steuerbelege mit seiner Steuererklärung ein, kann es passieren, dass der Sachbearbeiter diese überhaupt nicht sichtet, sondern dass die Steuerbelege direkt von einer bestimmten Stelle im Finanzamt an den Steuerzahler zurückgesandt werden.

    Folge:
    Da die in den Steuerbelegen enthaltenen Informationen in diesem Fall die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle nie erreicht haben, kommt es bei Streitigkeiten über diese Aus-gabenposten zu einer neuen Tatsache nach § 173 AO.

    Eine Änderung des Steuerbescheids kommt danach sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Steuerzahlers in Betracht.

    Szenario 2:
    Befassung des Sachbearbeiters oder besonderer Mitarbeiter mit den unaufgefordert übersandten Steuerbelegen

    Steuerbelege werden vom Sachbearbeiter im Finanzamt oder von besonderen Mitarbeitern nur noch geprüft, wenn das Risikomanagementsystem des Finanzamts die Prüfung von Einzelbelegen fordert.

    Verhaltensknigge bei Änderungen zuungunsten nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
    Übermittelt ein Steuerzahler mit seiner Steuererklärung unauf-gefordert Steuerbelege und das Finanzamt schickt diese zurück, ist eine Änderung des Steuerbescheids nur noch möglich, wenn das Finanzamt keine Kenntnis von den betreffenden Steuer-belegen genommen hat, weil kein Hinweis des Risikomanage-mentsystems vorlag.

    In einer internen Verfügung der Finanzverwaltung wird die Beweislast, dass bestimmte Steuerbelege eingereicht und vom Finanzamt zur Kenntnis genommen wurden, dem Steuerzahler auferlegt.

    In der Praxis ist dies wohl eine kaum zu nehmende Hürde für Steuerzahler.

    PRAXISTIPP
    Der Nachweis, dass ein Amtsträger des Finanzamtes einen un-aufgefordert übersandten Beleg bereits zur Kenntnis genommen hat (und das somit keine neue Tatsache vorliegt), kann der Hinweisdokumentation oder elektronischen Steuerakte (E-Akte) im Finanzamt entnommen werden.

    Möchte das Finanzamt einen Bescheid zuungunsten eines Steuerzahlers ändern wollen, sollte der Steuerpflichtige eine Be-stätigung verlangen, dass weder in der Hinweisdokumentation noch in der E-Akte Hinweise auf Informationen aus den betreffenden Steuerbelegen vorhanden sind.

    Verhaltensknigge bei Anträgen auf Änderung eines Steuerbescheids zugunsten nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO
    Lässt sich anhand der Steuerakten nicht nachvollziehen, dass ein Steuerbeleg schon zusammen mit der Steuererklärung beim Finanzamt eingegangen ist, kommt eine Änderung des Steuer-bescheids zugunsten des Steuerzahlers nur dann in Betracht, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nach-träglichen Bekanntwerden der Tatsache trifft.

    Sicherstellung der Kenntnisnahme von Steuerbelegen: Freitextfeld auswählen
    Soll sichergestellt werden, dass das Finanzamt unaufgefordert eingereichte Steuerbelege oder Anträge zur Kenntnis nimmt, sollten Steuerzahler Eintragungen in das Freitextfeld der je-weiligen Steuererklärung vornehmen.

    MERKE
    Sobald sich Eintragungen im Freitextfeld befinden, ist der Sach-bearbeiter im Finanzamt dazu verpflichtet, sämtliche einge-reichte Unterlagen zu sichten und zu dokumentieren.

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