Büro von Harald Sievers

Logo - Harald SieversHarald Sievers .
Steuerberater .
Matthias-Claudius-Straße 9 .
D-24589 Nortorf .

in Kooperation mit a
Rechtsanwältin Annette Sieckmann a
Ebert Rechtsanwaltsgesellschaft mbH a
www.recht-trifft-steuern.de a

Aktuelle Steuernews

Hier stellen wir Ihnen aktuelle Steuer Änderungen vor. Stets aktuell und kompetent. Sehen Sie bitte regelmäßig vorbei, damit Sie auf dem Laufenden bleiben.

Arbeitsrecht - April 2020

  • Coronavirus, Grippe & Co.‒ wann muss der Arbeitgeber zahlen?

    Die Viren ‒ insbesondere das Coronavirus ‒ sind in aller Munde.

    Die Auswirkungen der Viren machen, unabhängig, ob tatsäch-lich eine Infektion ausgebrochen ist oder nur ein entspre-chender Verdacht besteht, vor der Arbeitswelt nicht Halt.
    Welche arbeitsentgeltlichen Folgen entstehen können, haben wir für Sie zusammengefasst.

    Arbeitnehmer ist möglicherweise infiziert
    Unabhängig von der Frage, ob aktuell die Gefahr einer Epidemie mit dem Coronavirus oder sonstigen Viren (z. B. Grippeviren) gegeben ist und sich der Arbeitnehmer tatsächlich infiziert hat und damit arbeitsunfähig ist, gilt, dass solche Arbeitnehmer (nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG) für die Dauer von bis zu 6 Wochen Anspruch auf Fortzahlung des regelmäßigen Arbeits-entgelts gegen den Arbeitgeber haben.

    Voraussetzung dieses Anspruchs ist nämlich in erster Linie, dass eine „unverschuldete Krankheit“ vorliegt, die die alleinige Ur-sache für den Ausfall des Arbeitnehmers bildet.

    Als Krankheit in diesem Sinne definiert das BAG jeden regel-widrigen körperlichen oder geistigen Zustand, unabhängig davon, auf welcher Ursache dieser beruht (BAG 7.12.05, 5 AZR 228/05).

    Dies bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsunfähig-keit durch ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung festge-stellt ist, für 6 Wochen seinen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nicht verliert.

    Egal, ob diese Erkrankung nun auf dem Corona- oder einem sonstigen Virus beruht oder nicht.

    In einem solchen Fall gelten für den Arbeitnehmer wie bei jeder Krankheit weiterhin die gesetzlichen (oder individualvertraglich modifizierten) Anzeige- und Nachweispflichten (nach § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 EFZG).

    Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitsunfähig-keit unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen, also möglichst schon vor Arbeits- oder Schichtbeginn.

    Bei länger als drei Werktage dauernder Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gung spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorgelegt werden.

    Anders sieht die Rechtslage hingegen aus, wenn der oder die Arbeitnehmer von der Anordnung einer Quarantäne i. S. d. § 30 IfSG betroffen sind. Dieser lautet:

    § 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG)
    (1) Die zuständige Behörde hat anzuordnen, dass Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischen Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind, unverzüglich in einem Krankenhaus oder einer für diese Krank-heiten geeigneten Einrichtung abgesondert werden.

    Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Anste-ckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet wer-den, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, be-folgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umge-bung gefährden.

    (3) Der Abgesonderte hat die Anordnungen des Krankenhauses oder der sonstigen Absonderungseinrichtung zu befolgen und die Maßnahmen zu dulden, die der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Einrichtung oder der Sicherung des Unterbringungszwecks dienen.

    (4) Der behandelnde Arzt und die zur Pflege bestimmten Per-sonen haben freien Zutritt zu abgesonderten Personen. …


    Quarantäne-Anordnung ist keine Krankheit
    In einem solchen Fall richtet sich ‒ zumindest was die nicht in-fizierten Arbeitnehmer, die von der Quarantäne betroffen sind, angeht ‒ die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber nicht nach den Normen des EFZG, weil die gesundheitsbehördliche Anordnung einer Quarantäne per se keine Krankheit nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG darstellt und dieser auch nicht gleichzusetzen ist.

    Vielmehr hilft den betroffenen Arbeitnehmern hier die Regelung des § 616 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 30 IfSG weiter.

    Danach verliert der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber nicht dadurch, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden für eine ver-hältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Erbringung seiner Ar-beitsleistung verhindert wird.

    Eine solche Verhinderung und damit ein Entgeltfortzahlungs-anspruch gegen den Arbeitgeber ist bei einem Tätigkeitsverbot aufgrund behördlicher Maßnahmen nach dem IfSG gegeben (grundlegend: BGH 30.11.78, III ZR 43/77).

    Können auch Freiberufler und Selbstständige Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls haben?
    Bei Quarantänemaßnahmen oder Infektionen, die Selbststän-dige als Ansteckungs- oder Krankheitsverdächtige oder Träger von Krankheitserregern betreffen, richten sich etwaige Erstat-tungsansprüche auf Verdienstausfall schon begrifflich nicht nach dem EFZG.

    Diesem Personenkreis fehlt die Arbeitnehmereigenschaft.

    Zudem ist kein Arbeitgeber als Anspruchsgegner vorhanden.

    In einem engen Anwendungsbereich kann aber diesen Betrof-fenen § 56 IfSG weiterhelfen.

    Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist aber dem Grunde nach, dass der oder die Selbstständige von der Anordnung eines gesundheitsbehördlichen Beschäftigungsverbots (z. B. wegen Verdachts auf Infektion mit dem Coronavirus) zunächst betroffen ist und innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Anordnung des Beschäftigungsverbots einen Antrag auf Ent-schädigung bei der anordnenden Gesundheitsbehörde stellt.

    § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG)
    (1) Wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Anste-ckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern i. S. d. § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld.

    Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder An-steckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können.

    Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorge-schrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.

    (2) Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall.

    Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienst-ausfalls gewährt.

    Vom Beginn der siebenten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozial-gesetzbuch gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresar-beitsentgeltgrenze nicht übersteigt.

    (3) … Die Sätze 1 und 3 gelten für die Berechnung des Ver-dienstausfalls bei den in Heimarbeit Beschäftigten und bei Selbstständigen entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den in Heimarbeit Beschäftigten das im Durchschnitt des letzten Jahres vor Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder vor der Absonderung verdiente monatliche Arbeitsentgelt und bei Selbstständigen ein Zwölftel des Arbeitseinkommens (§ 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) aus der entschädigungs-pflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist.

    (4) Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungs-berechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entste-henden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Um-fang von der zuständigen Behörde erstattet werden.

    Selbstständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht, erhalten neben der Ent-schädigung nach den Absätzen 2 und 3 auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.

    (5) Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Ent-schädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen.

    Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet.

    Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Be-hörde auf Antrag gewährt …

    Der Betrieb schließt seine Pforten ‒ was nun?
    Stellt der Betrieb des Arbeitgebers die Tätigkeit ein, sind fol-gende Fallkonstellationen in Hinblick auf den Entgeltfortzah-lungsanspruch des Arbeitnehmers zu unterscheiden:

    - Schließt der Arbeitgeber den Betrieb aus eigenem Antrieb, beispielsweise um seine Belegschaft zu schützen, so trägt er nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre das Vergütungs-risiko.

    Dies gilt (nach dem Rechtsgedanken des § 615 S. 3 BGB entnommenen Grundsätzen) auch dann, wenn die Störung ‒ wie im Fall des Coronavirus ‒ nicht aus einer vom Arbeitgeber beeinflussbaren Gefahrensphäre stammt (vgl. BAG 9.7.08, 5 AZR 810/07).

    - Anders sieht es aus, wenn die zuständige Gesundheitsbehörde und nicht der Arbeitgeber selbst die Schließung des Betriebs anordnet.

    In solchen Fällen verbleibt es bei der gesetzlichen Risikover-teilung (nach den §§ 275, 326 Abs. 1 BGB), sodass der Arbeit-nehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zwar frei wird, aber auch seinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeit-geber verliert.

    Hier hilft dem Arbeitnehmer unter Umständen aber, wie bereits aufgezeigt, § 616 S. 1 BGB in Verbindung mit den Maßnahmen auf der Grundlage des IfSG weiter.

    Ordnet ein Arbeitgeber für seinen Betrieb z. B. an, dass bestim-mte Arbeitnehmer, die aus einer von einer aktuellen Epidemie besonders betroffenen Region kommen, dem Betrieb generell fernzubleiben haben, tut er dies (was die Verpflichtung zur Ent-geltfortzahlung angeht, nach den dargestellten Grundsätzen der Betriebsrisikolehre) auf eigene Kosten.

    Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber das Betriebs- oder Unter-nehmerrisiko zu tragen hat.

    Sollte einer der von einer solchen Anordnung betroffenen Ar-beitnehmer tatsächlich erkrankt und infolge dieser Erkrankung arbeitsunfähig sein, steht ihm selbstverständlich ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG gegen den Arbeitgeber nach den bereits aufge-zeigten Prämissen zu.

    Dies gilt unabhängig davon, ob diese Erkrankung auf dem Virus, das die Aufregung verursacht hat, beruht oder nicht.

    Das Kind wird krank oder ist infiziert
    Bei einer Erkrankung des eigenen Kindes ‒ im Fall einer Virus-infektion gelten hier keine Besonderheiten ‒ haben Arbeit-nehmer (nach § 45 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB V) einen An-spruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung.

    Dieser Anspruch kann nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

    Hierbei beträgt (nach § 45 Abs. 2 S. 1 SGB V) die Anspruchs-dauer je Kind bis zu 10 Arbeitstage im Kalenderjahr und erhöht sich für Alleinerziehende auf bis zu 20 Arbeitstage.

    Dieser Anspruch ist aber (nach § 45 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB V) ausgeschlossen, wenn eine andere im Haushalt lebende Per-son das Kind beaufsichtigen kann.

    Noch nicht geklärt ist damit die Vergütungsfrage dieser Freistel-lungszeiten.

    Hier greift ebenfalls die Regelung des § 616 Abs. 1 BGB ein, sodass nach überwiegend vertretener Auffassung für fünf Arbeitstage ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Pflege des erkrankten Kindes nach den oben dargestellten Grund-sätzen besteht und nach diesem Zeitraum gegebenenfalls die Krankenkasse Krankengeld zu gewähren hat.

    Was ist, wenn die Kita schließt?
    Auch wenn die Kindertagesstätte bei einer Epidemiewarnung schließt und eine anderweitige Betreuung des Kindes im Einzel-fall nicht möglich ist, kann unter Umständen für einen ver-hältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum (Richtschnur: 5 Ar-beitstage) ein Anspruch gegen den Arbeitgeber (aus § 616 Abs. 1 BGB) bestehen.

    Im eigenen Interesse ist hier aber dem Arbeitnehmer anzu-raten, so frühzeitig wie möglich das Gespräch mit dem Arbeit-geber zu suchen, um eine einverständliche, für beide Seiten an-gemessene Regelung herbeizuführen.

    Die Situation bei Warnungen aufgrund von Virusepidemien ist generell für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einfach.

    Für den Arbeitnehmer bleibt festzuhalten, dass er weder bei vom Arbeitgeber noch bei von den zuständigen Gesund-heitsbehörden angeordneten Betriebsschließungen um seinen Entgeltanspruch bangen muss.

    Anders sieht die Situation nur aus, wenn er sich selbst ent-schließt, beispielsweise aus Sorge um die eigene Gesundheit, ohne entsprechende Anordnungen der Behörde oder des Arbeit-gebers der Arbeit fernzubleiben.

    Ohne einverständlichen Einsatz von Erholungsurlaub tut er dies dann auf eigenes Risiko.

© 2020 - IWW Institut